"La La Land": Auf die Narren, die träumen (2024)

Der mit sieben Golden Globes ausgezeichnete Musicalfilm "La La Land" ist ein schwindelerregender Tagtraum. Unterbrochen wird er nur von den Unvollkommenheiten des Lebens.

Es beginnt mit einem Verkehrsstau,einem Anschwellen der Frustration unter den Morgenpendlern auf einemverstopften Highway in Los Angeles. Da wird das hoffnungsfrohe Selbstgesprächeiner Autofahrerin plötzlich zu einem Lied. Sie erinnert sich daran, dass sieihren Freund in ihrer Heimatstadt zurückgelassen hat, um Ruhm und Reichtum in"La La Land" zu finden. "La La Land", was für einmalerischer Spitzname für diese Stadt der Träume. Die junge Frau steigt ausihrem Auto, beginnt zu tanzen und wird schon bald von anderen begleitet, vonvielen anderen, bis der Bildschirm gefüllt ist mit jungen Hoffnungsträgern, dieauf den Motorhauben und Dächern ihrer Autos tanzen und die unerschrockenenStimmen ihrer Herzen in den blauen Himmel schicken. Es ist, als hätten sich dieTänzer von West Side Story in Jean-Luc Godards legendäre Stauszene aus Weekendverirrt.

Dann ist der Rausch vorbei, so schnell wie er begann. Jederschrumpft zurück in sein Auto, aus dem festlichen Orchester wird ein banalesHupkonzert. Es ist ein Vorgeschmack auf den Wirbelwind von La La Land,einem schwindelerregenden Tagtraum, der von den Unvollkommenheiten deswirklichen Lebens unterbrochen wird. Sieben Golden Globes hat er geradeerhalten. Die Chancen für die Oscars stehen gut, denn der neue Film desamerikanischen Nachwuchsregisseurs Damien Chazelle handelt von einer Sache, vonder Hollywood ganz besonders bezaubert ist, nämlich sich selbst.

In diesem anfänglichen Staubegegnen sich auch unsere Liebenden, Sebastian (Ryan Gosling) und Mia (Emma Stone), zum ersten Mal. Er hupt sie an. Sie zeigt ihm den Mittelfinger. Ach,die Liebe. Wir müssen noch eine Weile warten, bis sich die beiden schließlicheinander annähern, auf einer Party in den Hügeln von Hollywood. Sie schlendernzusammen zu ihren Autos in der purpurnen Abenddämmerung und fallen in ein Liedmit dem Titel A Lovely Night über die Verschwendung einer soherrlichen Nacht. Natürlich wissen wir, dass genau das Gegenteil der Fall ist.Nach Überwindung der gegenseitigen Abneigung wirbeln die beiden Hals über Kopfin eine Romanze.

Sie will Schauspielerin werden. Er ist ein Jazzpianist, dersich danach sehnt, seinen eigenen Club aufzumachen. Mit anderen Worten, Mia undSebastian sind wie Tausende andere in Hollywood. Sie geht zu fruchtlosenVorsprechen und serviert Kaffee in schmerzhafter Nähe zu den eigentlichenStars. Er spielt die Hintergrundklaviermusik in einem Restaurant, wo er gegenden Willen seines Chefs auch seine eigene, wunderschöne Piano-Balladeausprobiert. Die beiden haben nicht viel, aber sie haben einander, und für eineWeile schweben sie in einer regenbogenfarbenen Seifenblase der Glückseligkeit.Sie beginnt ein Einpersonenstück zu schreiben und versucht ihren Traum zuleben, während er seinen Traum an den Nagel hängt und mit einer populärenPop-Jazz-Band auf Tour geht, um die Rechnungen zu bezahlen. Er ist erfolgreich,aber kompromittiert. Ihr Stück floppt und sie fühlt sich gedemütigt. "Das istLA", sagt Sebastian verbittert. "Sie verehren alles, und sie schätzen nichts." Vondort an erzählt der Film eine Geschichte über Kunst, Kompromisse und Ideale undsogar über die Natur dieser Ideale, und zwar auf eine Art und Weise, diehoffnungsvoll, aber irgendwie auch herzzerschmetternd ist.

Damien Chazelle hat mit La LaLand ein glühendes, unvergessliches Ding geschaffen, ein klassischesHollywood-Musical, das ganz bewusst in der Farbenpracht und Melancholie derfranzösischen Musicals von Jacques Demy schwelgt. In dieser Hinsicht ist es einLiebesbrief an eine längst vergangene Ära. Seine Heldin Mia schläft unter einemübergroßen Plakat von Ingrid Bergman und arbeitet auf dem Studiogelände, aufdem Casablanca gedreht wurde. Sein Held Sebastian verehrt antiquierteJazzmusiker und lebt in einer schäbigen Wohnung inmitten von Stapeln vonSchallplatten. Als die beiden zum ersten Mal tanzen, macht Sebastian sogareinen kleinen Wirbel um einen Laternenpfahl wie einst Gene Kelly in Dusollst mein Glücksstern sein. Die beiden sehen sich einen James-Dean-Filman, fahren danach zum Griffith Observatory, jenen Ort, an dem Denn siewissen nicht, was sie tun und viele weitere gedreht wurden, undtanzen wie Fred Astaire und Ginger Rogers langsam Walzer vorbei an Sternen undPlaneten – ganz buchstäblich.

Stone und Gosling sind keineprofessionellen Sänger oder Tänzer, aber der Film behauptet das auch nicht. LaLa Land ist nicht glatt wie die alten Musicals. Genau das ist derspringende Punkt. Was den beiden, Gosling und Stone, in der Kehle und in denBeinen fehlt, machen sie mit Leidenschaft und Zusammenspiel wett (es gibt einen Grund, warum sie bereits dreiMal zusammengearbeitet haben). Der beste Tänzer von allen ist Kameramann LinusSandgren, der die jazzigen Tempi, die traurigen Melodien und üppigen Orchestervon Komponist Justin Hurwitz mit einer verspielten Landschaft ausmalt, in derStraßenlaternen zu Leuchttürmen werden und Wolken für Smog einstehen. Los Angeles, beständiger Ort von Gangsterballaden, hat selten so begehrenswert ausgesehen,aber ist auch selten so erkennbar gewesen. La La Land ist ein Film, indem junge Künstler zwischen demütigenden Vorsprechen und seelenlosen Jobspendeln, Hipster in Nostalgie schwelgen, Leute sich auf Poolpartys das ganzeJahr über wichtig machen, Autos gnadenlos abgeschleppt werden und jungeMenschen keine Versicherung haben.

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